Ich will Veränderung, und zwar sofort!

Und einen warmen Eislutscher hätte ich auch gerne…

F.M. Alexander war der Überzeugung, dass wir bereits im Kindesalter lernen sollten, wie wir gesund im Alltag mit uns umgehen können. Wir könnten als Kinder schon lernen, wie wir etwas so tun können, dass wir uns dabei nicht schaden. Es sollte gar nicht zu den vielen Problemen kommen, mit denen wir als Erwachsene oft zu kämpfen haben, wie zum Beispiel chronische Verspannungen, Schlafstörungen, Migräne, Rücken-, Nacken- und Schulterschmerzen, Atem- und Stimmprobleme und vieles mehr.

Im Kindesalter sind die neuronalen Muster im Gehirn noch flexibel, die Gehirnvernetzungen werden erst gerade gebaut. Bei uns Erwachsenen sind bereits tiefe Gehirnbahnen entstanden, die wiederum mit Bewegungs-, Reaktions- und Emotionsmustern in Verbindung stehen. So fern wir uns verändern wollen, müssen bei uns Erwachsenen bestehende neuronale Netzwerke umgebaut, zum Teil aufgelöst und durch neue ersetzt werden.

Ich bin selbst oft erstaunt, dass ich mit manchen Schwierigkeiten noch immer kämpfe. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit der Alexander-Technik und bis heute begleiten mich die Prinzipien in meinem Alltag. Einige Verhaltens- und Haltungsmuster sind aber trotz allem sehr hartnäckig. In manchen Situationen bleibt es noch immer schwierig gesund und ausbalanciert zu reagieren.

In diesen Momenten wird mir bewusst, dass diese Gehirnbahnen in mir sehr tief verankert sind. Die Art wie ich aufmerksam bin, die Art wie ich die Dinge wahrnehme, die Art wie ich sie verarbeite, die Art wie ich meinen Fuß aufsetze oder meine Hand hebe oder meinen Kopf bewege – all das sind Gewohnheiten die über einen langen Zeitraum gewachsen sind und sehr starke Vernetzungen in meinem Gehirn hinterlassen haben. Damit ich außerhalb dieser Gewohnheiten reagieren lerne, neue Bewegungs- und Reaktionsmuster entdecke, bedarf es Zeit und einer konstanten Auseinandersetzung. Eines der Bücher von F.M. Alexander hat den Titel „Die universelle Konstante im Leben“. Der Titel ist bezeichnend dafür, dass die Art wie wir uns gebrauchen konstant auf uns einwirkt. Jede Minute zählt – wir können schädliche Muster verfestigen oder gewohnte Bahnen millimeterweise verlassen. Unser Gehirn wird konstant beschrieben, es ist immer bereit für Veränderung oder eben Stagnation.

Wirklich nachhaltige Veränderung benötig Zeit und Geduld. Es gibt zahlreiche Methode die Veränderung in kurzer Zeit anpreisen. Nach 3,4,5 oder 10 Einheiten ist man ein neuer Mensch und endlich gesund. Ich halte das für umplausibel. Wie soll das Funktionieren? Wie kann ein Muster, dass so tief im Gehirn verwurzelt ist bereits nach ein paar Einheiten verschwinden? Ist das nicht ein irrationaler Voodoo Glaube? Eine kleine Zauberei und das Problem ist gelöst. F.M. Alexander beschreibt in seinen Bücher, dass wir Menschen sehr häufig zu diesem Voodoo Glauben neigen. Wir haben irgend ein Leiden und am liebsten würden wir irgend wo hingehen und die Lösung präsentiert bekommen. Wir wollen wieder Heim, einfach weiter machen und das Problem nicht mehr haben. Diese Vorstellung ist vermutlich in den meisten Fällen vollkommen absurd. Ein warmer Eislutscher eben.

Ich wünschte mir manchmal auch, dass sich meine Probleme schneller lösen würden und manche Verhaltens- und Bewegungsmuster endlich passé wären. Auf der anderen Seite sehe ich die Werkzeuge die ich zur Verfügung habe und denke mir dann: wie geil ist eigentlich die Alexander-Technik! Ich kann nachhaltig über viele Jahre an mir arbeiten und habe ein Werkzeug, dass ich im Alltag einsetzen kann, das tatsächlich Veränderung bewirkt. Keine große Veränderung, keine schnelle Veränderung aber echte Veränderung. Es ist eine Methode ohne Hokuspokus die auf einfachen nachvollziehbaren Prinzipien basiert. Die Alexander-Technik wird medizinisch erforscht und wurde von tausenden Menschen ausprobiert und empirisch bestätigt.

Was erwartet man sich von den Dingen mit denen man sich auseinander setzt? Möchte ich eine Therapie die mir in kurzer Zeit Heilung verspricht? Oder bin ich bereit mich auf einen konstanten Weg einzulassen und mich mit meinen eigenen Gewohnheiten zu beschäftigen? Bin ich bereit zu akzeptieren, dass echte Veränderung eine Konstante ist und nicht mit einem Workshop in drei Tagen erzwungen werden kann?

Die Alexander-Technik ist keine Therapie, sie ist eine pädagogische Methode die einem die Werkzeuge gibt, um ungesunde Verhaltens- und Haltungsgewohnheiten zu erkennen und nachhaltig zu verändern.